Frauen in der Stauferzeit

Frauen im Mittelalter und in der Stauferzeit

Die gängige Vorstellung, Frauen seien im Mittelalter unterdrückt gewesen, hat ihren Grund. Sie ist aber nur ein Teil des Gesamtbildes, das man wahrscheinlich nie vollständig erforschen kann. Zu vielfältig sind die Regionen, Zeiten und Schichten.

Die Ursprünge der Hexenverfolgung liegen in den Ketzergesetzen, die von den Päpsten im hohen Mittelalter verfügt wurden und von Herrschern in weltliches Recht übernommen wurden. Aber erst im späten Mittelalter und vor allem in der Neuzeit kam es zu systematischen Verfolgungen ungeheuren Ausmaßes, wobei nicht nur Frauen betroffen waren, sondern in Zauberei- und Ketzerprozessen auch Männer. 

Im hohen Mittelalter wurden Frauen oftmals idealisiert (Minnesang). Auch gab es herausragende, emanzipierte Frauenpersönlichkeiten wie die Dichterin Hrotsvit von Gandersheim (+ um 973), die Markgräfin Mathilde von Tuszien (+1115), die Äbtissin Hildegard von Bingen (+1179), die Königin von Sizilien Konstanze (+1198) oder die Herrscherin Eleonore von Aquitanien (+1204). In einigen Bereichen, z. B. Ehe- und Erbrecht, zeichnen sich Gleichstellungstendenzen ab. Herrscherinnen hatten beispielsweise das Recht, Adlige zu Rittern zu schlagen. In Venedig waren Frauen an Ruderregatten beteiligt. (Vgl. W. Meyer, Ritterturniere im Mittelalter, S. 50, S. 44)

Für die Stauferkönige war nicht nur die männliche Erblinie (agnatische Abstammung) von Bedeutung. Der weiblichen Erblinie (kognatische Abstammung) kam teilweise eine wichtigere Bedeutung zu. Der Aufstieg der Staufer zu Herzögen von Schwaben verdankten sie dem Salierkaiser Heinrich IV., welcher 1079 Friedrich I. zum Herzog von Schwaben erhob und ihn mit seiner Tochter Agnes von Waiblingen verlobte. Beim Aufstieg Friedrich Barbarossas zum römisch-deutschen König und anschließend zum Kaiser spielte der Bezug auf Agnes von Waiblingen eine wichtige Rolle. Später war es Friedrich II., welcher die Königskrone Siziliens durch seine Mutter erbte und den Titel König von Jerusalem durch seine Frau Isabella I. von Jerusalem erlangte. 

In der Stauferzeit erlebte der Minnesang seine Hochphase. Auch wenn man das Frauenbild, das sich im Minnesang ausdrückt, als idealisiert bezeichnen muss, zeigt der Minnesang zugleich, welche Anerkennung Frauen zuteil werden konnte. Der werbende Ritter unterwarf sich der verehrten Frau und weihte ihr seine tapferen Taten. So jedenfalls die literarische Darstellung.

Die Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau wies Frauen häusliche Pflichten zu. Aber die möglicherweise lange Abwesenheit von Männern aufgrund des Wehrdienstes oder der Teilnahme an einem Kreuzzug, aufgrund von Handelsaktivitäten oder diplomatischen Aufgaben, verlangte eine starke Persönlichkeit zur Haushaltsführung. Diese Rolle übernahmen häufig die Ehefrauen. Andererseits brachten die meist sehr jung verheirateten Frauen viele Kinder zur Welt, was ihre Kräfte band und mit einem hohen Sterblichkeitsrisiko verbunden war. Selbst im hohen Adel starben häufig Frauen bei der Geburt oder kurz nach der Geburt eines Kindes.

Im Eherecht wurde die prinzipielle Gleichwertigkeit von Mann und Frau verankert. Zwar gab es parallel das Konzept der Geschlechtsvormundschaft, diese wurde aber regional unterschiedlich und häufig eher zurückhaltend gehandhabt. 

Die größte Bevölkerungsgruppe des Mittelalters stellten die Bauern. Trotz seiner quantitativen Relevanz und seiner qualitativ vielfältig differenzierten Erscheinung ist das mittelalterliche Bauerntum bislang nur vergleichsweise wenig erforscht. Der Historiker Ludolf Kuchenbuch schreibt über das Geschlechterverhältnis: „Zwar dominiert der Bauer beim täglichen Werken das Haus sowie die Außenwerke und vertritt formell Haus und Hof, Weib und Kind in der Gemeinde. Aber Ehemann und Ehefrau gelten als 'Genossen' (genoten). Und die Bäuerin hat nicht nur eigenen Besitz, sondern auch genuine Handlungsgewalt in wechselnden, aber mitentscheidenden Aktionsfeldern (Mutterschaft, Bett, Herd, Federvieh, Textilarbeit, Garten, Geld etc.) sowie informelle kommunikative Macht (Ehre, Ruf) und rückt als Witwe mindestens befristet in die Position des Haushaltsvorstands.“  (Enzyklopädie des Mittelalters, Bd. 1, Darmstadt (3) 2013, S. 141)

Vor allem in den Städten erlangten Frauen im Hohen Mittelalter und im Spätmittelalter zunehmend Rechte und Freiheiten. Die Historikerin Gabriela Signori bewertet dies folgendermaßen: „Für die Stadt nördlich der Alpen ... gilt das Spätmittelalter als das ‚Goldene Zeitalter‘ der Frau. Ausschlaggebend sind rechtliche Gründe. Stadtluft macht frei ... Die Stadt schuf lästige Heiratsbeschränkungen ab und führte, zumal nördlich der Alpen, flächendeckend die Realerbteilung ein. Töchter und Söhne erbten fortan gleich.“  (Enzyklopädie des Mittelalters, Bd. 1, Darmstadt (3) 2013, S. 119)

Die religiöse Tradition formte die Vorstellungen vom idealen Leben einer Frau. Hierfür stand zuerst die Heilige Maria. Das Verhältnis von Christus zur Kirche, repräsentiert in der Idealgestalt Mariens, wurde häufig als religiöser Deutungsmaßstab für das Verhältnis von Mann und Frau herangezogen. Eine besondere Rolle spielten die „klugen Jungfrauen“ aus dem neutestamentlichen Gleichnis, welche den „törichten Jungfrauen“ gegenübergestellt wurden. Dieses Motiv wurde in kirchlichen Kunst häufig ausgestaltet, insbesondere in Figurengruppen an Kirchenportalen. Es bezieht sich allerdings nicht allein auf Frauen. Eine Gegenüberstellung enthält auch der verbreitete Vergleich zwischen Maria und Eva. Eva wurden die Attribute sündhaft und verführerisch zugeschrieben, aber sie galt dennoch als Mutter des Lebens.

Innerhalb der Kirche hatten Frauen kaum Zugang zu Leitungsaufgaben. Äbtissinen wie Hildegard von Bingen (+1179) traten aber durchaus selbstbewusst auf und konnten Einfluss auf die kirchliche und weltliche Politik gewinnen. Klara von Assisi (+1253) gründete einen Frauenorden (Clarissinen). Es kam auch zur Bildung von Frauenbewegungen. Berühmt geworden ist das Beispiel der Beginen, die als Frauengemeinschaften zusammenlebten.



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