Hugolin

Hugolin von Bärenfels

Die Abenteuer des Ritters Hugolin
Der junge Ritter Hugolin von Bärenfels wird auf niederträchtige Weise von einem habgierigen Nachbarn seines Erbes beraubt und soll zwangsweise an einem Kreuzzug teilnehmen. Am Anfang der Abenteuer des Ritters Hugolin von Bärenfels steht ein schwerer Verlust. Doch der junge Mann stemmt sich gegen das widerwärtige Schicksal. Auf seinem Weg, der ihn vom Pfälzer Wald durch halb Europa bis nach Konstantinopel und schließlich nach Sizilien an den kaiserlichen Hof führt, begegnet Ritter Hugolin vielen außergewöhnlichen Persönlichkeiten, trifft seine große Liebe und kämpft mit gefährlichen Feinden. Ein zerrissenes Europa wirft viele Fragen auf, aber der Ritter findet seinen Weg und wächst an den Herausforderungen.

Woher kommt die Idee? Viele Kinder- und Jugendbücher nehmen ihren Anfang mit Gute-Nacht-Geschichten, die Mutter oder Vater am Kinderbett erzählen. Solche Erzählsituationen haben etwas Magisches. Man greift zurück auf bewährte narrative Motive und Muster – Rittergeschichten sind bekanntlich voll davon. Kinder lieben solche Motive und Muster, sie bieten Vertrautheit und geben zu erkennen, wo für sie ganz persönlich etwas abgewandelt wird oder wo eine Figur frech-verwegen aus dem Schatten der Erwartungen tritt und ein besonderes Eigenleben entwickelt.           (Illustration: Helmut Daiger)
Unsere Kinder, meine Frau und ich gehören zu einer sogenannten Patchwork-Familie. Die Kinder haben jeweils einen Elternteil durch unerwarteten Tod verloren. Dieses Schicksal hat die drei in besonderer Weise zusammengeführt. Der Wunsch, ein Stück heile Welt zu schaffen, oder auch das Verlangen, Erfahrungen der eigenen Familiengeschichte erzählerisch zu verarbeiten, spielte eine Rolle, als ich die Figuren Kunibert und Fridolin erfand, der eine ein Ritter, der andere ein Drache. Diese beiden Figuren verband eine unverbrüchliche Freundschaft, sie durchstreiften auf ihren Abenteuern die menschliche Phantasie und erkundeten historische Schauplätze der Geschichte Europas. Dabei spielte es eine Rolle, die Landschaften und Kulturen einzubeziehen, die zu den lebenden und verstorbenen Eltern gehörten, vor allem Deutschland, Italien, Spanien und Griechenland.
Ein Buch zu schreiben ist etwas anderes, als Gute-Nacht-Geschichten zu erzählen. Ich begann mit dem Schreiben, als unsere Kinder sieben, zwölf und dreizehn Jahre alt waren. Aus Ritter Kunibert wurde Hugolin und aus dem Drachen ein Pferd, womit zugleich die Entscheidung zugunsten eines höheren Realitätsbezuges verbunden war. Aus anfänglichen Kindergeschichten entstand schließlich ein Jugendbuch. Im Laufe der Handlung sollte sich der Charakter des jungen Ritters aus einer gewissen Naivität heraus zu einer reiferen Persönlichkeit entfalten, wobei verschiedene Schicksalsschläge eine wichtige Rolle spielten. Seine Herzensdame, Carolina, musste eine starke Frau verkörpern. Dabei sollte man nicht vergessen, dass es in der Zeit Hugolins durchaus starke und einflussreiche Frauen gab. Dies gilt nicht nur für Kaiserinnen, Königinnen, Regentinnen und andere Frauen, die an der Herrschaft teilhatten oder diese ausübten, sondern auch für viele Frauen aus einfachen Verhältnissen. Man denke beispielsweise an die eindrucksvolle und weit verbreitete Frauenbewegung der Beginen.


(Karte: Mancini)
Hugolins Zeitgeschichte, das frühe 13. Jahrhundert, die Zeit des Stauferkaisers Friedrich II., empfand ich bereits im Kindesalter als faszinierend. Ausgehend von der Stauferstadt Schwäbisch Gmünd wanderten meine Eltern mit meinen Geschwistern und mir oftmals zu den drei Kaiserbergen Stuifen, Rechberg und Hohenstaufen. Dabei wurde ein Gefühl für die Bedeutung dieses Herrschergeschlechts geweckt. Eine große Stauferausstellung in Stuttgart (1977) nährte die Sympathie für Friedrich Barbarossa, Friedrich II. und auch für den unglücklichen jungen Konradin, mit dessen beklagenswerter Hinrichtung auf dem Marktplatz von Neapel 1268 die Geschichte der Stauferherrschaft endete. Das Stauferthema begleitete meine Familie auch später, nicht nur bei zahlreichen Besuchen der Kaiserpfalz Wimpfen oder der Kaiserdome am Rhein, sondern auch bei Reisen durch Italien, bis nach Palermo, wo heute noch die Hochgräber Friedrichs II., seiner Eltern, seines Großvaters und seiner ersten Frau in der Kathedrale zu sehen sind.

Die politischen Wirren der Stauferzeit und die damit verbundenen Begegnungen zwischen unterschiedlichen Gruppen und Kulturen bieten viele Bezugspunkte für Erfahrungen, die junge Menschen auch heute teilen, wenngleich sie hoffentlich friedlicher leben dürfen als die Zeitgenossen Friedrichs II. In jedem Fall lassen sich aus Hugolins und Carolinas Abenteuern spannende Eindrücke gewinnen, die auch die Bedeutung und inneren Zusammenhänge Europas veranschaulichen.

Die Handlung wurde so gestaltet, dass sie im historischen Kontext hätte stattfinden können, aber das Buch beansprucht nicht, die mittelalterlichen Verhältnisse in jeder Hinsicht originalgetreu zu rekonstruieren. Vielmehr geht es um die Begegnung mit den historischen Wurzeln Europas und um das Experiment, wie sich ein junger Charakter unter den abenteuerlich-schwierigen Lebensbedingungen mittelalterlicher Zeiten bewährt. Es ist unwahrscheinlich, dass ein junger und unbedeutender Ritter wie Hugolin seinem Kaiser so nahekommen konnte, wie dies in der Handlung geschieht, aber es war immerhin möglich und führt den Leser in eine spannende und aspektreiche Welt. Dies gilt für viele Handlungen und Details der Erzählung. Während die Hugolin-Handlung also erfunden ist, hält sich die Rahmenhandlung an die historischen Gegebenheiten.






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